Ist eine Firma für Talente attraktiv? Entspricht ihr Image der Wirklichkeit? Was denken die eigenen Leute? Ein neuer Fitnesstest für Unternehmen soll Antworten liefern.

Die Welt/ Die Lufthansa wirbt mit „BE Lufthansa“, McKinsey setzt mit seiner Employer Branding Kampagne „Passion Wanted“ auf Leidenschaft. Im so genannten „War for Talent“, dem Wettbewerb um die Besten, hängt viel davon ab, wie sich ein Arbeitgeber seinen künftigen Mitarbeitern präsentiert. Um die zum Unternehmen passenden Mitarbeiter zu finden und langfristig an sich zu binden, müssen sich die Firmen als attraktive Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt positionieren. Denn für Berufseinsteiger ist längst nicht mehr nur das Gehalt entscheidend.

Nach einer Studie von Kienbaum sind für Berufseinsteiger vor allem Entwicklungsperspektiven, ein kollegiales Umfeld und eine gute Work-Life-Balance wichtig. Ein Konzern wie Google, der laut verschiedenen Studien der Wunscharbeitgeber für junge Absolventen ist, hat sich auf die Wünsche seiner Mitarbeiter bereits eingestellt. In der Zentrale in Zürich gibt es von Massage-Räumen über Sportplätze bis hin zu einer Rutsche, die direkt in die Kantine führt, nichts, was es nicht gibt.

Doch auch wenn Google ein Beispiel für ein gutes Produkt- und Arbeitgeberimage ist, beurteilen viele Studienabgänger einen Arbeitgeber immer noch eher nach der Attraktivität der Produkte und verfügen kaum über Hintergrundwissen zur tatsächlichen Arbeitgeberqualität, meint Professor Manfred Bruhn von der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Uni Basel: „Gerade jüngere Berufseinsteiger achten auf das Unternehmensimage. Das ändert sich meist erst im Laufe des Berufslebens. Je älter die Arbeitnehmer sind, desto wichtiger werden diese Faktoren. „Eine angenehme Work-Life-Balance oder flexible Arbeitszeitmodelle spielen zunehmend eine Rolle.“

Work-Life-Balance war auch ein Grund, warum Matthias Motz nach 13 Jahren Beschäftigung bei seiner alten Firma zu Orthomol wechselte. „Neben Weiterbildungen und freier Zeiteinteilung wollte ich vor allem als Mensch geschätzt werden. Die Unternehmenskultur spielte da eine entscheidende Rolle und war mir persönlich wichtiger als der ganz große Name“, sagt Motz. „Hier habe ich mehr Freiraum und kann meine Ideen einbringen.“ Bei Orthomol ist er für den Therapeuten-Außendienst zuständig.



Jeder Mitarbeiter kann sich bei uns fortbilden. Außerdem haben wir ein Fitnessstudio, ein Massage-Angebot und eine Krippe“, sagt Gesche Hugger, Leiterin der Personalabteilung bei Orthomol. Ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, sei für das mittelständische Unternehmen besonders wichtig. „Wir können uns noch nicht mit den ganz großen Namen messen wie Bayer. Deshalb ist es für uns wichtig, dass wir uns im Rahmen vom Employer Branding als attraktiver Arbeitgeber positionieren.“ Nur so könne man die Mitarbeiter langfristig stärker ans Unternehmen binden.

„Beim Employer Branding geht es nicht nur darum, potenzielle Mitarbeiter zu werben, sondern auch die bestehenden Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden. Gelingt es eine attraktive Arbeitgebermarke zu schaffen, sind die Mitarbeiter stolz, für die Marke zu arbeiten und die Arbeitsmotivation steigt“, sagt Manfred Bruhn. Trotzdem steckt das Thema Employer Branding bei vielen Firmen in Deutschland noch in den Kinderschuhen.

Rund 90 Prozent der Unternehmen vernachlässigen den Stellenwert der eigenen Mitarbeiter als Arbeitgebermarkenbotschaft, belegt eine Kienbaum-Studie. „Die Unternehmen sind sich zwar bewusst, dass ein attraktives Image notwendig ist, viele scheuen aber Zeit und Kosten, die mit der Implementierung eines systematischen Employer Branding verbunden sind“, sagt Bruhn.

Ein Denkfehler, meint der Marketingexperte. „Schließlich sind es ja die Mitarbeiter, die als Markenbotschafter nach außen fungieren und für die Qualität der Produkte zuständig sind.“ Das heißt: Will man nach außen ein Markenbild transportieren, muss man zuerst fähige Mitarbeiter abwerben, die motiviert sind sich für die Marke einzusetzen.

"Firmen müssen an sich arbeiten"
Nur authentische Unternehmen gewinnen die besten Mitarbeiter, weiß Wolf Reiner Kriegler von der Deutschen Employer Branding Akademie. Er hat einen Fitnesstest für Arbeitgeber entwickelt und beantwortet hier die wichtigsten Fragen dazu.

Damit Firmen überhaupt wissen, ob – und wenn ja, inwieweit – sich Mitarbeiter mit ihnen identifizieren und die Firmenkultur nach außen transportieren, hat die Deutsche Employer Branding Akademie (DEBA) in Kooperation mit der "Welt" den Fitnesstest "Deutschlands Arbeitgebermarken" entwickelt. Dabei werden auch die Mitarbeiter anonym befragt.

„Die Firmen können durch den Fitnesstest herausfinden, wie attraktiv sie als Arbeitgeber wirken, und wie weit sie schon auf dem Weg zu einer echten Arbeitgebermarke sind“, sagt die Leitung von Deutschlands Arbeitgebermarken Paula Thieme. Die Ergebnisse ermöglichen so auch die Steuerung und das langfristige Controlling der Arbeitgebermarke. Auch Orthomol wird am Fitnesstest der DEBA teilnehmen. „Ich glaube, wir haben eine ganze Menge zu bieten – auch als Mittelständler. Durch den Test sehen wir, wo wir stehen und können wir unseren Bekanntheitsgrad steigern“, sagt Hugger.

Quelle: Die Welt 07/2011