Fehlende Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt und die alternde Bevölkerung bringen Unternehmenschefs zum Umdenken. Statt aufwendiger Suche nach Top-Talenten steht nun die Fortbildung der Stamm-Mannschaft wieder im Fokus.

Weiterbildunge gewinnt weiter an Wert.
Knapp 30 Mrd. Euro gaben die deutschen Unternehmen im vergangenen Jahr bereits dafür aus. Doch jeder dritte Arbeitgeber plant, 2011 den Etat für betriebliche Fortbildung zu erhöhen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Forsa-Umfrage unter Personalverantwortlichen im Auftrag des ILS Institut für Lernsysteme. Vor allem in Unternehmen mit mehr als 300 Mitarbeitern setzen die Führungsebenen auf einen Weiterbildungsausbau. Dort gaben 38 Prozent der Befragten an, der Etat werde planmäßig steigen. Sparen will dagegen fast niemand mehr an den Fortbildungskosten - nur ein Prozent der Teilnehmer machten hier ihr Kreuzchen.

Im Berufsleben in jedem Alter wichtig: Weiterbildung
"Fachkräfte sind vielfach bereits Mangelware und der demographische Wandel verschärft die Knappheit noch. Die Arbeitgeber haben erkannt, dass vor allem eines hilft: die bestehenden Mitarbeiter so zu qualifizieren, dass das Unternehmen auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleibt", sagte Rainer Paetsch von ILS Professional. Unternehmen mit guten Weiterbildungsprogrammen sind zudem für die umworbenen qualifizierten Arbeitnehmer attraktiv, haben die Personalverantwortlichen erkannt. Ihr Anspruch: das Image der Firma durch hohes Engagement auf dem Gebiet der Fortbildung zu prägen.

Besser qualifizieren als teuer rekrutieren!
Der Studie zufolge sind inzwischen 80 Prozent der deutschen Arbeitgeber überzeugt: Es ist viel besser, die eigenen Mitarbeiter weiterzuentwickeln, als teure Fachkräfte von außen anzuwerben. Auch mittel- und langfristig sieht die Mehrheit darin den besten Weg, den Fachkräftemangel zu umgehen. Zudem gewinnt lebenslanges Lernen nach Meinung von 91 Prozent der Personalentscheider mehr und mehr an Bedeutung. Hintergrund dafür ist, dass heutige Arbeitnehmer deutlich länger arbeiten als in zurückliegenden Jahrzehnten. (...)

Eigenes Engagement überzeugt den Chef
Die Arbeitgeber lassen sich auch gern von den Mitarbeitern überzeugen, eine Fortbildung zu unterstützen: zum Beispiel wenn damit eine Wissenslücke im Unternehmen geschlossen wird und eine neue Aufgabe besser erfüllt werden kann. Neun von zehn würden sich ebenfalls zur Förderung entschließen, wenn damit die Bindung wichtiger Mitarbeiter an das Unternehmen gestärkt werden kann. Fast zwei Drittel der Personalverantwortlichen sehen eine Weiterbildung auch als Möglichkeit, besonders gute Leistungen zu belohnen.
Wenn Mitarbeiter mit nebenberuflich erworbenem Wissen einen Nutzen für die Firma erwirtschaften, haben sie in der Folge gute Chancen, den Chef von weiteren Seminaren oder Kursen zu überzeugen. Immerhin 87 Prozent der Arbeitgeber finanzieren zumindest teilweise die Weiterbildungen, die engagierte Mitarbeiter sich selbst organisieren. In 80 Prozent der Fälle gibt es Freistellungen oder Sonderurlaub für die weiterbildungswilligen Mitarbeiter. Ein Drittel der Arbeitgeber erlaubt es sogar, bei schwacher Auftragslage während der Arbeitszeit zu lernen.

Dickes Plus beim Chef
Gut zu wissen für lernwillige Mitarbeiter: Wer sich selbständig weiterbildet, kriegt Bonuspunkte beim Chef. 92 Prozent der Unternehmer vermerken und registrieren absolvierte Fortbildungen intern. Jeder zweite Entscheider gab in der Umfrage zudem an, solche Mitarbeiter bei Beförderungen zu bevorzugen. Mit ein wenig Glück gibts für abgeschlossene Fortbildungen auch eine Erfolgsprämie. Ganz klar: "Eigeninitiative lohnt sich. Mitarbeiter, die sich nebenberuflich fortbilden, sind für Unternehmen durch das aktuelle Fachwissen wertvoll - und erarbeiten sich dadurch Karrierechancen", sagt Ingo Karsten, Geschäftsführer des ILS.

(Das Institut für Lernsysteme gehört zur Europäischen Fernhochschule Hamburg (Euro-FH). Für die vom ILS beauftragte repräsentative Forsa-Umfrage wurden 300 Personalverantwortliche aus Unternehmen mit mehr als 150 Mitarbeitern zur Weiterbildung in ihren Firmen befragt. Die Erhebung erfolgt seit 2006 jährlich.)


Quelle: S. Meinert Financial Times Deutschland 26.03.2011; Bearbeitung SAR